Natura 2000
Natura 2000
Naturnaher Hainsimsen-Buchenwald am Borsberg bei Dresden (Foto: Metzler)
Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) bildet zusammen mit der Vogelschutz-Richtlinie 79/409/EWG (VSchRL) das zusammenhängende europäische ökologische Netz »Natura 2000«, das bestimmte Lebensraumtypen und Habitate bestimmter Arten in der EU in einem länderübergreifenden Biotopverbund schützen und damit die biologische Vielfalt im natürlichen Verbreitungsgebiet dauerhaft erhalten soll. Die Umsetzung der FFH-Richtlinie ist Anliegen aller berührten Behörden. Sie kann letztlich nur gemeinsam mit den betroffenen Grundeigentümern gelingen. Die ehemaligen Abteilungen Forsten und Natur-/Bodenschutz des SMUL haben 2001 in einer Rahmenvereinbarung die Mitwirkung der Forstverwaltung beim FFH-Gebietsmanagement im Wald beschlossen. Dies ist sinnvoll, weil die Forstverwaltung auf der gesamten Waldfläche präsent ist, sie über ein umfassendes Forstinformationssystem und über Erfahrungen - beispielsweise bei der Waldbiotopkartierung- verfügt, sowie die Waldbesitzer berät und betreut.
Die Gebietskulisse der Natura 2000 Gebiete in Sachsen umfasst:
- 270 FFH-Gebiete mit einer Gesamtfläche von ca. 170.000 ha und einer Waldfläche von ca. 100.000 ha und
- 77 europäische Vogelschutzgebiete (SPA-Gebiete) mit einer Gesamtfläche von ca. 250.000 ha und einer Waldfläche von ca. 130.000 ha.
- Durch Überlagerung FFH / SPA umfasst die Gesamtgebietskulisse in Sachsen ca. 293.000 ha und eine Waldfläche von ca. 150 000 ha – das entspricht 16 % der Landesfläche und 30% der Gesamtwaldfläche.
Zielsetzung der FFH- Richtlinie
»Hauptziel dieser Richtlinie ist es, die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu fördern, wobei die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und regionalen Anforderungen berücksichtigt werden sollen. Diese Richtlinie leistet somit einen Beitrag zu dem allgemeinen Ziel einer nachhaltigen Entwicklung.«
»Zur Wiederherstellung oder Wahrung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und der Arten von gemeinschaftlichen Interesse sind besondere Schutzgebiete auszuweisen, um nach einem genau festgelegten Zeitplan ein zusammenhängendes europäisches ökologisches Netz zu schaffen.«
Mitwirkung der Forstverwaltung bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie in Sachsen
Der erste Schritt bei der Umsetzung der FFH Richtlinie war – nach der für Sachsen abgeschlossenen Gebietsmeldung – die Erarbeitung von Managementplänen. Dabei betreute die Forstverwaltung den Managementplanteil für die Waldlebensraumtypen der FFH-Gebiete gemäß landeseinheitlicher Vorgabe im Einvernehmen mit der Naturschutzverwaltung. Der Umfang der Fachbeiträge richtete sich nach dem im jeweiligen Gebiet vorhanden Waldanteil und seiner Bedeutung als Lebensraum im Sinne der FFH-Richtlinie. Zu jedem Gebiet wurde eine so genannte Regionale Arbeitsgruppe (RAG) gebildet, die von einer jeweils federführenden (in der Regel Naturschutz-) Behörde geleitet wurde. Die Forstverwaltung war federführend verantwortlich für die Erarbeitung von 31 Managementplänen. Dabei handelte es sich um fast ausschließlich waldbestockte FFH-Gebiete. Aufgabe der federführenden Behörde war neben der Auftragsvergabe und -überwachung die Abstimmung der Managementplanentwürfe mit allen Beteiligten innerhalb der Regionalen Arbeitsgruppe.
Neben der fachlichen Betreuung der Ersterfassung der Lebensraumtypen und Arten sowie der Maßnahmenplanung für Waldlebensraumtypen bestand eine wesentliche Aufgabe der Forstverwaltung darin, die Planentwürfe mit den Waldbesitzern und Flächennutzern abzustimmen.
Für die insgesamt 270 FFH-Gebiete in Sachsen liegen bestätigte Managementpläne vor. Kurzfassungen der Pläne fassen auf wenigen Seiten wesentliche Aussagen des jeweiligen Managementplans zusammen und enthalten eine Übersichtskarte der festgestellten FFH-Lebensraumtypen und FFH-Arthabitate. Waldbesitzer können auch bei den unteren Naturschutzbehörden oder den Forstbezirken in Managementpläne Einsicht nehmen.
Flurstücksgenaue Auskünfte, ob Waldflächen in Natura 2000-Gebieten liegen und FFH-Lebensraumtypen oder FFH-Arthabitate berühren, erteilen auch die im Privatwald tätigen Revierleiter des Staatsbetriebes Sachsenforst im Zuge der (für den Waldbesitzer kostenfreien) Beratung. Über die Förstersuche finden Sie schnell den für Sie zuständigen Ansprechpartner vor Ort für Ihre Fragen.
Über die Managementplanerstellung hinaus wirkt die Forstverwaltung beim Monitoring, bei der Durchführung von Pflegemaßnahmen sowie bei der Überwachung des Gebietsschutzes im Wald mit.
Die Umsetzung der Maßnahmen aus den Managementplänen erfolgt im öffentlichen Wald vorwiegend administrativ über die Forsteinrichtung, die die Vorgaben der Managementpläne weiter untersetzt und konkretisiert. Im privaten Wald kommt der Forstverwaltung die Aufgabe zu, die Waldbesitzer fachkundig zu beraten und bei der Umsetzung der Pläne und dem Erhalt der entsprechenden Lebensraumtypen und Arthabitaten zu unterstützen, soweit möglich auch mit Mitteln der Naturschutzförderung im Wald. Freiwillige Maßnahmen sollen soweit möglich den Vorzug vor rechtlichen Mitteln bekommen.
Managementplan (MaP)
Definition
Der Managementplan ist ein Fachplan des Naturschutzes, der für die zum Geschäftsbereich des SMUL zählenden Behörden bindend ist, soweit sie an seiner Erstellung mitgewirkt oder ihm zugestimmt haben. Dagegen sind enthaltene Festlegungen für Privatpersonen nicht verbindlich. Gegenüber diesen bedarf es immer einer Umsetzung über Verträge oder Verwaltungsakte. Allerdings sind auch private Waldbesitzer an das allgemeine Verschlechterungsverbot nach § 33 Bundesnaturschutzgesetz gebunden, wonach in Natura 2000-Gebieten die entsprechenden Schutzgüter – also Arten und Lebensraumtypen – nicht erheblich beeinträchtigt werden dürfen.
Kurzfassungen der Pläne fassen auf wenigen Seiten wesentliche Aussagen des jeweiligen Managementplans zusammen und enthalten eine Übersichtskarte der festgestellten FFH-Lebensraumtypen und FFH-Arthabitate.
Rechtliche Anforderungen
Allgemeine Schutzvorschriften für Natura 2000-Gebiete
(vgl. § 33 Bundesnaturschutzgesetz)
Alle Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können, sind unzulässig (sog. »Verschlechterungsverbot«). Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde kann unter den Voraussetzungen des § 34 Absatz 3 bis 5 Ausnahmen von dem Verbot des Satzes 1 sowie von Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 zulassen.
Verträglichkeit und Unzulässigkeit von Projekten
(vgl. § 34 Bundesnaturschutzgesetz)
Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.
Bedarf ein Projekt, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen.
Die Wahrnehmung und Überprüfung einer ggf. bestehenden Anzeigepflicht für Projekte, die keiner sonstigen Entscheidung bedürfen, hat durch den Nutzer zu erfolgen. Bei Unsicherheit berät die zuständige Behörde. Hierbei orientiert sie sich insbesondere auch am jeweiligen FFH-Managementplan. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des anzeigepflichtigen Projektes begonnen werden.
Weitere Erläuterungen zur Verträglichkeitsprüfung
Grundschutzverordnungen der Natura 2000-Gebiete
Mit den Natura 2000-Grundschutzverordnungen werden die darin aufgeführten Erhaltungsziele zum Maßstab für das Verschlechterungsverbot nach § 33 Bundesnaturschutzgesetz und auch gegenüber Dritten für verbindlich erklärt. Bereits geltende Gesetzesnormen zum Arten- und Biotopschutz, zur Eingriffsregelung sowie »klassische« Schutzgebietsvorschriften bleiben hiervon unberührt. Weitere Instrumente des Naturschutzrechts können das Schutzniveau der Grundschutzverordnungen ergänzen.
In den Grundschutzverordnungen werden ausschließlich zulässige Nutzungen benannt, die typischerweise nicht unter das Verschlechterungsverbot fallen. Allerdings gilt diese Regelvermutung nur solange, als durch die betreffenden Handlungen das Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen nicht erheblich beeinträchtigt werden kann oder soweit nicht andere Rechtsvorschriften beispielsweise des besonderen Artenschutzes gem. § 44 Abs. 4 BNatSchG und spezielle Regelungen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft nach § 20 Abs. 2 BNatSchG entgegenstehen.
Naturschutzrecht in Sachsen